Samstag, 20. Dezember 2008
Wale
Konstanz und Veränderung - dadurch entsteht eine gewisse Lebendigkeit in gekachelten Flächen. Das Auge springt und stellt Bezüge her, leitet Formähnlichkeiten ab und entdeckt verborgene Linien und Strukturen.
Die quadratische Kachel wurde durch Verbindungen von Ecken und Seitenmitten unterteilt.
Linien werden unterbrochen, enden oder werden wieder fortgeführt. Nach dem Gesetz der Prägnanz ergänzt das Auge fehlende Linienstücke und setzt die Form in der Vorstellung wieder vollständig zusammen. Je einfacher und regelmäßiger sie ist, um so besser gelingt diese Rekonstruktion.
Gotischer Sechspass
Das gotische Maßwerk ist reich an Formen, die meist auch regional bezogen sind. Überall an gotischen Kathedralen findet man aber die sogenannten Pässe, unter denen der Dreipass der bekannteste ist. Im Prinzip geht es immer um die regelmäßige Überschneidung von Kreisen. Als Grundfigur können unterschiedliche Vielecke dienen. In unserem Fall ist ein Hexagon der Ausgangspunkt der Kunstruktion.
Um die Ecken eines Sechsecks werden Kreise geschlagen, die entweder eine ganze oder halbe Kantenlänge zum Radius haben.
Klassische Konstruktion eines Dreipass. Die Kreise überschneiden sich. Kongruente Innenbögen laufen bei der Überschneidung spitz aus.
Vereinfachte Konstruktion über die Seitenmitten eines gleichseitigen Dreiecks. Die Kreise berühren sich hier nur, was zur Konsequenz hat, dass die kongruenten Kreisbögen zur Mitte hin wieder auseinander laufen.
Windrad
So verwirrend das Ergebnis auch scheinen mag, so einfach ist dessen Konstruktion. Die geschickte Zerlegung eines Sechsecks führt zu den Mittelpunkten und Radien der Kreisbögen. Ein wenig visueller Puderzucker peppt das nackte Liniengerüst dann gehörig auf!
Eine sehr einfache und regelmäßige Untergliederung des Hexagons, deren Konstruktion allerdings einer gewissen Konzentration bedarf!
5 Ecken, beschwingt
Schneeflocke
Dieses kristalline Ornament entstand durch stetes Aneinandersetzen von regulären Fünfecken. Es erinnert an Fraktale, die nach immer wieder gleicher Regel immer wieder neue Formen von scheinbarer Zufälligkeit hervorbringen.
Das Pentagon lässt sich recht einfach mit Lineal und Zirkel konstruieren. Ein Kreis wird zunächst um den Schnittpunkt eines rechtwinkligen Achsenkreuzes geschlagen und ergibt den späteren Umkreis des Fünfecks. Um die Mitte des Radius wird ein Kreisbogen mit r/2 geschlagen. Der Kreis um den unteren Quadrantenpunkt berührt diesen und schneidet den Umkreis in den beiden gesuchten unteren Ecken. Es ist nun ein leichtes die beiden fehlenden Ecken zu ermitteln.
Die herausragende Symbolik des Pentagons / Pentagramms beruht auf seiner inneren Struktur, die den geheimnisvollen Regeln des Goldenen Schnitts folgt. So schneiden sich alle Eckverbindungen in diesem als besonders harmonisch angesehenem Verhältnis.
Möglichst lückenlose Parkettierung führt zu folgendem Gebilde, das nun in der Tat wie von Frau Holle gemacht aussieht.
VARIANTE:
Ein einfacher Trick bringt ein völlig neues Ergebnis: Quadrate zwischen den Kanten der Pentagone schaffen Luft und ergeben ein amorphes Formgebilde, das nicht mehr regelmäßig die Fläche füllt. Symmetrien (Spiegelungen) und Translationen (Verschiebungen) sind kaum erkennbar und die sich bildenden Muster scheinen zufällig und bei aller erkennbaren Strukturtreue der Gesamterscheinung willkürlich.
Die Konstruktion wurde mittels Bildbearbeitung etwas geglättet und wirkt so übergangslos. Bei genauer Betrachtung allerdings ahnt man die Fünfecke in den Knotenpunkten der Verzweigungen.
Hexagon? Kaum zu glauben!
Dieses lebendige Ornament, bei dem sich ein geschwungenes Element lückenlos parkettieren lässt, wurde mit dem Zirkel aus dem Hexagon abgeleitet.
6 Kreise um die Seitenmitten mit dem Radius des Inkreises führen zu den Bögen, die für das Element gebraucht werden. Dabei kann man sich aussuchen, ob die Spirale eine Links- oder Rechtsdrehung erhält.
Erst bei der Kachelung ergibt sich die gesuchte Form, an der jeweils drei benachbarte Waben gleichberechtigt beteiligt sind.
TIPP:
Stärker aufgebogene Kreissegmente ergeben sich dadurch, dass die Mittelpunkte auf dem Lot, das auf der Mitte zwischen Mittelpunkt des Sechsecks und Seitenmitte, auf der der Bogen auftrifft, verschoben wird. Hilfreich ist dabei ein zum Inkreis kongruenter, kleinerer Kreis, der die einzelnen Lote in den jeweiligen gesuchten Punkten, den späteren Mittelpunkten der Bögen, schneidet.
Verschränkte Hexagone
Auf Lücke gesetzte Waben (Hexagone) bilden das Netz dieses Flächenornaments. Die Dreiecke in den Zwischenräumen bilden mit diesen Sterne und lassen vielfältige Ausgestaltungen des Rasters zu, die besonders in der islamischen Kunst sehr intensiv ausgelotet wurden.
In der Praxis lässt sich das Netz über ein Grundhexagon, das die Größe vorgibt, erstellen, indem man alle seine Seiten verlängert. Auch eine Konstruktion über ein Netz gleichseitiger Dreiecke ist gangbar. Wie so oft führen auch hier viele Wege nach Rom.
Hier wurde das gleicheRaster um 30° nach links gedreht und dadurch das Hexagon auf die Spitze gestellt. Ein Würfel in isometrischer Perspektive lässt sich einfügen und beginnt sein Spiel mit der Illusion vom Raum in der Bildfläche. Ein klassisches Ornament, das sich schon sehr früh findet (Inkrustationen im Fußboden von San Marco, Venedig), und das in der Moderne ein bevorzugtes Element der Op-Art Vaserelys wurde.
Verschlungene Ringe
Dem laufenden Hund als Idee verpflichtet ist dieses Bandornament, das auf der Grundlage eines einfachen Quadratrasters aufbaut. Die Mittelpunkte der unteren Kreise lassen sich aber dort nicht auffinden; sie müssen mit dem Zirkel konstruiert werden.
Wichtig: Die äußeren Ringe gehen nicht durch die Mittelpunkte der benachbarten Kreise!
TIPP:
Die Konstruktion lässt sich auch über ein Band aus gleichseitigen Dreiecken erstellen.
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Flechtband im Mäanderstil
Es ist ein charakteristisches Merkmal aller Mäander, dass sich die einzelnen Züge nicht kreuzen. In diesem Flechtband, das eine Brücke zwischen antikem Ornament und keltischem Flechtwerk schlägt, führt es zu einem reizvollen Spiel zwischen vorne und hinten.
Die Konstruktion baut auf zwei gekreuzten Quadratrastern mit gleicher Weite auf. Orthogonale Streifen sind für den Abstand verantwortlich un frei wählbar.
Mäander
Der Mäander ist ein seit dem Neolithikum verwendetes orthogonales Ornament. Der Name entstand in Anlehnung an die gleichnamigen griechischen Flussschlingen. Eine Sonderform des Mäanders ist der sogenannte Doppelmäander. Dieser besteht aus zwei entgegengesetzt verlaufenden Mäandern. Die gerundete Form heißt Laufender Hund.
In der griechischen Antike steht dieses Ornament für die Erlangung der Ewigkeit als Dauer in der Zeit durch Reproduktion. Ein alterndes Wesen setzt ein junges an seine Stelle und erlangt so Unsterblichkeit. Das ältere Wesen rollt sich zusammen, während sich ein junges entfaltet. Es ist eine Anspielung auf den uralten und ewig jungen Gott Eros und die sich ewig erneuernde Energie des Kosmos.
Die Konstruktion ist relativ einfach und mittels eines Quadratrasters zu gewinnen. Varianten gibt es zahlreiche, besonders in den Ecken und den Mitten der umrahmten Flächen. Das Ornament selbst lässt sich durch perspektivische Andeutungen oder durch Farbwechsel ausformulieren.
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Freitag, 19. Dezember 2008
Flechtwerk
Sehr komplexes Flechtornament, das letztlich auf einem Dreiecksnetz aufbaut, was zunächst eher unwahrscheinlich klingen mag, da die 6-, 9- und 12-strahligen Sterne augenfälliger sind.
Dieses aus verschränkten Kettengliedern gebildete Dreieck schafft durch seine gedrehten Wiederholungen das Flächenornament.
Die Lücken bilden die Sterne.
Dienstag, 9. Dezember 2008
Ornament ist kein Verbrechen!
Die kahlen Flächen des Internationalen Stils gehören der Vergangenheit an. Und das alte Verbot von Adolf Loos hat heute keine Wirkmächtigkeit mehr. Wir haben uns emanzipiert und erobern wieder die schöne Kunst der Schmückung. Ob Architektur oder Fashion, ob Design oder Buchkunst. Die Renaissance des Ornaments ist inzwischen augenfällig geworden.
Seit Jahren war es mir immer wieder mal ein Vergnügen mich nebenbei mit dem Gestaltungsbereich der Ornamentik zu beschäftigen. Teils war es eine besonders nette Art visuellen Gehirnjoggings, die verborgenen Strukturen aufzuspüren, teils kreierte ich eigene Entwürfe, bevorzugt mit dem Computer.
Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, das immer aufwändigere Bemühungen verlangte. Einen Teil davon findet ihr auf meiner Seite www.ornamentik.de.
Mit diesem Blog gönne ich mir ein kleines Notizbuch, in das ich mal wieder etwas eintrage, was mir besonders gut gefallen hat. Vielleicht regt es ja den ein oder anderen Besucher auch dazu an, sich auf dieses fast vergessene visuelle Spiel mit Symmetrien und Regelmäßigkeiten einzulassen.
Viel Vergnügen!
Peter
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